Vor einem Jahr fiel der Startschuss für den neuen Nahverkehrsplan für Wiesbaden und den angrenzenden Rheingau-Taunus-Kreis. ioki, spezialisiert auf datenbasierte Verkehrsplanung im ÖPNV, und das Verkehrsplanungsbüro Planersocietät haben in den letzten zwölf Monaten den Nahverkehr von Grund auf neugeplant. Ein Großteil der Planungen durch das Planungskonsortium ist mittlerweile abgeschlossen, erste Vorschläge für das Zielnetz 2030 wurden vorgestellt.
Für das neue Nahverkehrsnetz stehen das Mobilitätsverhalten und die Mobilitätsbedürfnisse der Bevölkerung im Mittelpunkt. Auf dieser Basis wurden die Fahrpläne und Linienführungen neu ermittelt. Das Zielnetz 2030 soll mehr als 60 Buslinien enthalten, für das die Verkehrsexperten von ioki relevante, anonymisierte Mobilitätsdaten analysiert und tiefgreifend simuliert haben. Die Planersocietät hat anhand der Datenuntersuchungen von ioki entsprechende Maßnahmen und Handlungsempfehlungen erstellt.
Detailliertes Verkehrsmodell für ein optimiertes Fahrgasterlebnis
In der Praxis bedeutet das, dass sich die Führung der Buslinien und die Position der Haltestellen künftig nach dem Bedarf der Fahrgäste richten soll. Neue Direktverbindungen und Haltestellen könnten dann die Reisezeit mit dem ÖPNV erheblich verkürzen und ihn gegenüber dem Pkw wettbewerbsfähiger machen. So soll sich das Reisezeitverhältnis durch das neue Liniennetz deutlich verbessern. Es beschreibt das Verhältnis der Reisezeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Reisezeit mit dem privaten Pkw und damit die Konkurrenzfähigkeit von Bussen und Bahnen.
Möglich wird dies durch die Kombination unterschiedlicher Mobilitätskonzepte. Das komplexe Liniennetz aus Metro-, Stadt-, Regional- und Expressbussen könnte künftig das Rückgrat des ÖPNV in Wiesbaden und im Rheingau-Taunus-Kreis bilden. In den Nachtstunden könnte ein On-Demand-Verkehr zudem den Linienverkehr ergänzen und die Bürgerinnen und Bürger umweltfreundlich mobil halten.
„Die Möglichkeit, den ÖPNV in der Landeshauptstadt Wiesbaden auf einem weißen Blatt Papier von Grund auf neu planen zu können, ist ebenso einmalig wie herausfordernd. Dabei den von den Planungsbüros tatsächlich ermittelten Bedarf an Wegebeziehungen und Verbindungen als Grundlage zu nehmen, ist dafür der entscheidende Baustein. Ein attraktives ÖPNV-Angebot in einer Stadt muss die Parameter tatsächlicher Bedarf, Erschließungsqualität, Daseinsfürsorge und Wirtschaftlichkeit mitberücksichtigen. Aus meiner Sicht ist dem Planungsteam für Wiesbaden ein guter Aufschlag gelungen“, erklärt ESWE-Verkehr-Geschäftsführer Jan Görnemann.
Planungskonsortium liefert Vorschläge für die Neuplanung
„Das Gelingen der Verkehrswende hängt davon ab, den Nahverkehr in die Wege der Bevölkerung zu integrieren, um ihn langfristig leistungsfähig und attraktiv zu machen. Indem wir die Erfüllung der Mobilitätsbedürfnisse als Qualitätsmerkmal heranziehen, heben wir den Nahverkehr auf ein neues Level und machen ihn konkurrenzfähig zum privaten Pkw. In Wiesbaden und im Rheingau-Taunus-Kreis wird dies nachhaltig und umfassend angegangen“, erklärt Michael Barillère-Scholz, Geschäftsführer und Mitbegründer der ioki GmbH, über den erfolgsversprechenden Ansatz.
„Wiesbaden und der Rheingau-Taunus-Kreis beschreiten mit der vollständigen Neukonzeption des Busnetzes einen innovativen Weg für einen attraktiveren Nahverkehr. Dank der nutzerzentrierten Analyse von ioki und der präzisen Konzeption der Planersocietät entsteht ein innovatives Nahverkehrsnetz, das die Mobilitätsbedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger ideal bedient. Die Optimierung von Fahrplänen, Linienführungen und neuen Buslinien machen den Nahverkehr wettbewerbsfähiger und attraktiver. Gemeinsam gestalten wir eine nachhaltige Verkehrslösung für die Zukunft“, freut sich Gregor Korte, Team- und Projektleiter für den Bereich ÖPNV bei der Planersocietät.
Unterstützt wurden die Planungen durch die Beteiligung der Bevölkerung, die im März und April sowie im Oktober und November dazu aufgerufen war, ihre Gestaltungsideen für den Nahverkehr einzubringen. Die Planersocietät hat diese umfassende Einbindung der Öffentlichkeit sowie der politischen und gesellschaftlichen Akteure in den Planungsprozess begleitet.
Die in den letzten Monaten erarbeiteten Planungsergebnisse dienen als Vorschläge für die Neuplanung des Nahverkehrs in der Landeshauptstadt sowie dem Rheingau-Taunus-Kreis. Die Ergebnisse werden im Laufe des Jahres 2024 den politischen Gremien zur Abstimmung vorgelegt.
Den bisherigen Stand der Planungen und des Zielnetzes können Sie hier abrufen:
Bestandsanalyse des Nahverkehrsplans Zielnetz 2030 Landeshauptstadt Wiesbaden
Die wichtigsten Zahlen aus dem Entwurf für das Zielnetz 2030:
- Über 60 Linien sollen in neuen unterschiedlichen Produktkategorien bestehend aus Metro-, Stadt-, Express- und Regionalbussen geschaffen werden.
- Für den Entwurf des Zielnetzes wurden bei den Metro- und Stadtbuslinien rund 50.000 Fahrplankilometer und bei den Regional- und Expressbuslinien rund 20.000 Fahrplankilometer neu geplant.
- In Wiesbaden sollen durch die neue Linienkonzeption perspektivisch rund 450 Haltestellen angeschlossen werden, im Rheingau-Taunus-Kreis rund 500 Haltestellen.
- Ein On-Demand-Verkehr soll mit rund 450 Haltestellen in Wiesbaden den ÖPNV in den Nachtstunden ergänzen.
- Der Reisezeitfaktor verbessert sich durch die Neukonzeption des Angebots von 1,6 auf ca. 1,3.