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Meilenstein im automatisierten ÖPNV: Passagierbetrieb für selbstfahrende Shuttles auf Abruf in Karlsruhe gestartet
(Karlsruhe, 21. April 2021) Deutschlandpremiere: Erstmalige Kombination von autonom und on-demand • Förderprojekt „EVA-Shuttle“ startet Passagierbetrieb in Karlsruhe • Flexible App-Buchung via ioki-Plattform
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Im Karlsruher Stadtteil Weiherfeld-Dammerstock können Bürgerinnen und Bürger jetzt ein einzigartiges Mobilitätskonzept erleben: Im Rahmen des Forschungsprojekts EVA-Shuttle bringen autonom fahrende, emissionsfreie Minibusse ihre Fahrgäste nach Bedarf bequem von A nach B. Das Besondere dabei: Die Fahrzeuge bewegen sich frei im regulären Straßenverkehr, agieren dort selbstständig und reagieren auf Fußgänger, Radfahrer und motorisierte Verkehrsmittel. Die Bestellung erfolgt on-demand via App von ioki. In dieser Konstellation ist das bisher einzigartig in Deutschland. Die drei Fahrzeuge mit den Namen „Ella“, „Vera“ und „Anna“ sind im Rahmen von EVA-Shuttle (EVA = elektrisch, vernetzt, automatisiert) nach einer intensiven Erprobungszeit in der letzten Projektphase nun in den Publikumsverkehr gestartet. Bis Ende Juni können Fahrgäste das neue Mobilitätskonzept nun testen – und das kostenlos.

Am Forschungsprojekt EVA-Shuttle beteiligt ist ein Konsortium aus fünf Partnern: Neben dem FZI Forschungszentrum Informatik sind das die Robert Bosch GmbH, die Verkehrsbetriebe Karlsruhe GmbH, die TÜV SÜD Auto Service GmbH und die Deutsche Bahn Tochter ioki GmbH.

„Mit der Förderung dieses Projekts leistet der Bund einen wichtigen Beitrag, um die Mobilität in den Städten weiterzuentwickeln. Wir brauchen solche innovativen Vorhaben, um international eine Vorreiterrolle einnehmen zu können, wenn es um fahrerlosen ÖPNV geht“, sagt Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer und ergänzt: „Mit unserem neuen Gesetz zum autonomen Fahren werden wir als erstes Land weltweit selbstfahrende Fahrzeuge aus den Forschungslaboren auf die Straße holen – und zwar im Regelbetrieb. Projekte wie das hier in Karlsruhe können dann viel leichter umgesetzt werden. Ich bin mir sicher: Indem wir die Technik Stück für Stück zum Teil des Alltags machen, können wir die Menschen für das autonome Fahren begeistern.“

Besonders stolz, dass Karlsruhe ein weiteres Mal einen Schritt voraus ist, wenn es um innovative ÖPNV-Lösungen geht, ist Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup: „Vor 26 Jahren haben wir mit dem „Karlsruher Modell” den Nahverkehr auf der Schiene revolutioniert, nun bedienen wir als erste Stadt einen ganzen Stadtteil mit automatisierten Shuttles.” Für die Planung der Mobilität der Zukunft erwartet er sich von dem Projekt wertvolle Erkenntnisse. Denn: „Autonome Lösungen für die erste und letzte Meile könnten ein entscheidender Schritt sein, um neue Nutzergruppen für den ÖPNV zu gewinnen und damit einen wertvollen Beitrag für eine grüne Stadt zu leisten”, betont Mentrup.

Den Betrieb der EVA-Shuttles übernehmen die Verkehrsbetriebe Karlsruhe als erfahrenes Verkehrsunternehmen. Sie betten die Shuttles in die Meldekette ihrer Zentralen Leitstelle ein und können bei Wartungsbedarf jederzeit auf die Logistik der Pkw-Werkstatt im Karlsruher Rheinhafen zurückgreifen. „Der Fahrgastbetrieb ist das Herzstück unseres gemeinsamen Projekts. Wir bieten den Kunden innerhalb des Testgebiets eine smarte und barrierefreie Lösung als Ergänzung des bestehenden ÖPNV-Angebots für die erste und letzte Meile an. Ich wünsche mir, dass die Bürgerinnen und Bürger offen für dieses, von einem hochmotivierten Konsortium getragene Projekt sind und bin sehr gespannt, wie die Karlsruher dieses Angebot annehmen werden”, erklärt Dr. Alexander Pischon, Geschäftsführer der Verkehrsbetriebe Karlsruhe (VBK).

Dass die Fahrzeuge in der Lage sind, sich frei innerhalb der Fahrbahngrenzen zu bewegen und damit eigenständig auf verschiedene Verkehrssituationen im innerstädtischen Mischbetrieb reagieren können, ist möglich, weil am FZI Forschungszentrum Informatik völlig neuartige Planungsalgorithmen zur Entscheidungsfindung entwickelt wurden. Diese bauen auf der Sensorik, Umfelderkennung und der Selbstlokalisierung des Projektpartners Bosch auf. Professor J. Marius Zöllner, Vorstand des federführenden FZI Forschungszentrum Informatik, erläutert: „Das Fahrzeug fährt auf Basis hochdetaillierter Karten aus dem Testfeld Autonomes Fahren Baden-Württemberg, die ihm den befahrbaren Bereich vorgeben. Hindernisse sowie andere Verkehrsteilnehmende werden von der Sensorik des Fahrzeugs erkannt. Das Fahrzeug richtet seinen Fahrweg individuell anhand der selbst erkannten Verkehrssituation aus. Das macht das Projekt EVA-Shuttle so besonders und ist ein wichtiger Schritt für automatisierte Mobilität von morgen.“

Digitalisierung des ÖPNV nimmt Fahrt auf

Fahrgäste können sich via Smartphone-App von ioki ein Fahrzeug bestellen und damit barrierefrei den Weg von der Stadtbahnhaltestelle Dammerstock bis zur Haustür im Quartier zurücklegen oder bequem von daheim zum Bäcker im Statteilzentrum fahren. Die Bedienzeiten sind bis 30. April täglich zwischen 9 und 16 Uhr, vom 1. Mai bis 30. Juni täglich von 8 bis 17 Uhr.

Die Shuttles fahren ohne festen Fahrplan (on-demand) immer nur dann, wenn sie per Smartphone-App angefordert werden. Sie bedienen dabei virtuelle Haltestellen, zu denen sie bei Fahrtanfrage von der App gelotst werden. Fahrgäste mit ähnlichen Routen werden dank eines intelligenten Algorithmus zu Fahrgemeinschaften gebündelt (Ridepooling). Die DB-Tochter ioki präsentiert in diesem Projekt erstmalig ihre eigens entwickelte technische Schnittstelle, die die Kombination aus autonomem Fahren und On-Demand-Buchung ermöglicht, eine Deutschland-Premiere. „Wir erklimmen heute die nächste Technologie-Stufe beim autonomen Fahren: Erstmals kombinieren wir autonom und on-demand, außerdem verzahnen wir die Shuttles per App mit Bus und Bahn. Unsere ioki-Plattform ermöglicht genau diese Verknüpfungen. Die Digitalisierung des ÖPNV nimmt dadurch weiter an Fahrt auf. Damit stärken wir auch die Schiene, beschleunigen so die Mobilitätswende und den Klimaschutz. Deshalb reicht die Bedeutung dieses Forschungsprojekts noch weit über Karlsruhe hinaus“, sagt DB-Personenverkehrsvorstand Berthold Huber.

Sicherheit steht an erster Stelle: Sicherheitsfahrer immer an Bord / Corona-Konzept

Die Sicherheit steht beim Fahrgastbetrieb an erster Stelle. Das unter der Leitung von TÜV SÜD entwickelte Sicherheitskonzept sorgt für die Sicherheit der Fahrgäste und anderen Verkehrsteilnehmer. Die drei Fahrzeuge Ella, Vera und Anna haben dazu monatelange Entwicklungsfahrten und Tests auf dem Testfeld Autonomes Fahren Baden-Württemberg sowohl auf einer privaten Teststrecke als auch im öffentlichen Zielgebiet hinter sich. Vor dem Start des Personenbetriebs wurden sie wiederholt von TÜV SÜD-Sachverständigen geprüft und vom Regierungsbezirk Karlsruhe für den Straßenverkehr mit einer maximalen Fahrtgeschwindigkeit von 20 Stundenkilometer zugelassen. „Wir sind stolz bei diesem Forschungsprojekt beteiligt zu sein, in das unser umfangreiches Wissen eingeflossen ist, das wir bei ähnlichen Projekten in Deutschland, Singapur und den USA gesammelt haben“, sagt Christian Gnandt, Vice President Automated Driving bei TÜV SÜD. „Der Alltagsbetrieb wird auch für uns viele weitere wertvolle Erkenntnisse bringen, um die Sicherheit von zunehmend automatisierten Fahrzeugen wirkungsvoll zu prüfen“, so Gnandt weiter. 

Auch wenn sich der Mini-Bus selbstfahrend im Quartier bewegt, ist zu jeder Zeit ein ausgebildeter Sicherheitsfahrer des Karlsruher Verkehrsverbunds (KVV) an Bord, der im Notfall eingreifen kann und den Betriebsablauf sichert. Dieser hat jederzeit die Möglichkeit, in das Fahrgeschehen einzugreifen und eine Korrektur vorzunehmen, das Fahrzeug zum Stillstand zu bringen oder in einen manuellen Bedienungsmodus zu wechseln. Auch steht er in Fahrtpausen für alle Fragen bereit oder kann mobilitätseingeschränkten Fahrgästen beim Ein- und Ausstieg helfen.

Wo normalerweise bis zu sechs Fahrgäste Platz finden würden, deren Fahrtanfragen über das sogenannte Ridepooling intelligent zusammengelegt werden können, werden nun aufgrund der Corona-Pandemie zum Infektionsschutz maximal drei Personen einsteigen können. In Abstimmung mit dem Karlsruher Gesundheitsamt haben die VBK ein Hygienekonzept erarbeitet. Die Mitfahrt ist wie bei allen öffentlichen Verkehrsmitteln nur mit medizinischer Maske erlaubt. Alle Oberflächen werden regelmäßig von den Sicherheitsfahrern desinfiziert.

Autonome Shuttles nutzen Infrastruktur des Testfeld Autonomes Fahren Baden-Württemberg

Die EVA-Shuttles fahren auf dem Testfeld Autonomes Fahren Baden-Württemberg. Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann betont: „Mit dem Testfeld Autonomes Fahren Baden-Württemberg haben wir eine ausgezeichnete Grundlage geschaffen, damit es für innovative Projekte zum autonomen Fahren ein für Dritte gut zugängliches Forschungsumfeld mit Realbedingungen gibt. Das Testfeld ist seit 2018 mit über 200 Kilometer Netzlänge aller Straßentypen in Betrieb und wird zurzeit von über zehn Forschungsprojekten genutzt. Es freut mich sehr, dass auch das EVA-Shuttle-Projekt – gefördert durch den Bund – von den Vorzügen des Testfeldes und von der Strategie zur automatisierten und vernetzen Mobilität des Landes profitiert. Besonders wichtig ist mir, dass das Projekt den zukunftsträchtigen Anwendungsfall des ÖPNV zum Inhalt hat. Ich ermutige alle Bürgerinnen und Bürger, diese Erprobung der neuen Technologien mitzuerleben und die Kleinbusse zu nutzen.“

Über das Projekt EVA-Shuttle

Im Projekt EVA-Shuttle entwickelt und erprobt das Projektkonsortium um das FZI Mobilitätslösungen für die erste und letzte Meile von der Haltestelle bis zur Haustür. Per App gerufen, sollen autonome Shuttles zukünftig Passagiere nach dem Prinzip von Fahrgemeinschaften aufnehmen und an ihre Ziele bringen. Neben dem FZI sind die Robert Bosch GmbH, die Verkehrsbetriebe Karlsruhe GmbH, die TÜV SÜD Auto Service GmbH und die Deutsche Bahn Tochter ioki GmbH an der Entwicklung beteiligt. Die INIT GmbH, die Stadt Karlsruhe und der Karlsruher Verkehrsverbund / Albtal-Verkehrs-Gesellschaft begleiten das Projekt als assoziierte Partner. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) fördert das Vorhaben im Rahmen des Forschungsprogramms Automatisiertes und Vernetztes Fahren mit 2,52 Millionen Euro über eine Laufzeit von 33 Monaten.

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