Sie schlossen einen Doppel-Master für Innovationsmanagement und Business Development an der Copenhagen Business School ab. Ein Masterprogramm, in dem der Fokus darauf liegt, Innovation zu erschaffen. Was glauben Sie, wie innovationsbereit ist die Mobilitätsbranche?
Die Mobilitätsbranche ist mittlerweile sehr weit und man sieht, wieviel durch die Veränderungen in der Automobilbranche in den letzten Jahren passiert ist. Die Unternehmensführung weiß, dass sie in Innovation investieren muss. Als ich vor acht Jahren bei Volkswagen in Wolfsburg angefangen habe, war die Wahrnehmung noch eine ganz andere. Die Bereitschaft zu Innovationen war gering.
Der Wandel hängt auch mit einer erhöhten Nachfrage nach Nachhaltigkeit in der Mobilität zusammen, nicht nur von politischer Seite, sondern auch von Kundenseite. Das Auto wird nicht mehr als Statussymbol gesehen, andere Aspekte, wie z.B. Umweltfreundlichkeit werden immer wichtiger. Dadurch rücken Innovationen im Automobilsektor stärker in den Fokus. Man braucht neue Geschäftsmodelle und ist bereit, dafür Geld zu investieren. Der Mobilitätsbranche kommt dabei ein selbstverstärkender Effekt zugute: Man sieht beim Carsharing, dass nicht jeder ein eigenes Auto braucht. Vielleicht kann man dann auch andere Sachen teilen und dadurch den Gesamtbedarf reduzieren?
Auch Sie verstehen den Straßengüterverkehr als einen der wichtigsten Faktoren unserer Wirtschaft. An welchen wirtschaftlichen und politischen Stellschrauben muss Ihrer Meinung nach noch gedreht werden, damit Ihre Arbeit weiter vorangetrieben werden kann?
Die Branche besteht aus drei wichtigen Spielern: 1) Der Carrier, also der Spediteur oder Frachtführer; er stellt sicher, dass die Güter von A nach B transportiert werden. 2) Der Shipper, also der Verlader; alle Unternehmen, die Güter von A nach B transportiert haben wollen. Und 3) der Logistics Service Provider (LSP), also der Makler; er stellt sicher, dass die zwei anderen Spieler sich untereinander koordinieren können.
In diesem System ist der Carrier immer am unteren Ende der Nahrungskette. Oben in der Nahrungskette befindet sich der Shipper. Er hat das Geld und die Verantwortung über die Nachhaltigkeit seiner Wertschöpfungskette. Erst wenn der Shipper in mehr Nachhaltigkeit investiert, wird der Carrier in die Lage versetzt, auf Digitalisierung zu setzen und folglich sowohl CO2-Emissionen und Zeit zu sparen, als auch die Effizienz zu steigern. Die Lösung für eine nachhaltige Straßengüterverkehrsbranche hat also zwei Aspekte; zum einem braucht die Branche einen höheren Grad an Digitalisierung und zum anderen muss dieses durch einen kollaborativen Ansatz zwischen allen Spielern in der Branche (inklusive Politik und Endverbraucher) stattfinden. Politiker müssen die Weichen stellen und die rechtlichen Rahmenbedingungen schaffen. Sie müssen tun, was sie können, um das Thema auf der politischen Agenda zu priorisieren.
Tracks nutzt Künstliche Intelligenz, um das Kraftstoff- und Emissionsmanagement seiner Kunden zu verbessern und dadurch Kosten zu senken. Wie genau kann man sich das vorstellen?
Unsere Plattform ist eine Software für Logistik-Kunden, also Spediteure und Flottenbetreiber, um die Emissionen und den Kraftstoffverbrauch ihrer Flotte besser zu managen.Dafür nutzen wir Künstliche Intelligenz. Die Künstliche Intelligenz arbeitet mit den Daten, die wir aus den Telematiksystemen der LKWs bekommen. Diese Systeme sind in jedem LKW bereits installiert und messen Faktoren wie beispielsweise Geschwindigkeit und Beladung. Durch die Aggregation dieser Daten haben wir unseren Algorithmus trainiert, der jetzt dazu in der Lage ist, für jeden LKW individuell einen „digitalen Zwilling“ abzubilden. Dieser digitale Zwilling ist ein Abbild des physischen LKWs und die Messlatte für die effizienteste Art und Weise, eine bestimmte Route zu fahren. Dabei wird der LKW immer nur mit sich selbst verglichen, nicht mit anderen LKW oder anderen Routen. Es geht uns darum, dass jeder LKW das für sich mögliche Optimum erreicht. Unsere Künstliche Intelligenz gibt Empfehlungen darüber ab, wie eine Fahrt optimiert werden kann, um weniger Kraftstoff zu verbrauchen und damit auch weniger CO2 auszustoßen.
In Ihrer Zeit beim Volkswagen-Konzern betrieben Sie über fünf Jahre lang Zukunftsforschung und erstellten Prognosen zur Entwicklung von Mobilität. Was würden Sie heute sagen, welche Mobilitätsstrukturen werden sich durch die Mobilitätswende in den nächsten drei Jahren am stärksten verändern?
Es wird mehr Sharing-Angebote geben und wir werden uns weg vom Auto als Statussymbol bewegen. Viele Dienstleistungen werden demokratisiert werden. Das heißt, dass ein kleines Unternehmen in Dänemark ein Carsharing-Betreiber aufbauen kann, und gleichzeitig auch in Rotterdam das Angebot ausweiten kann. Das ist ein Schritt weg von der Machtposition der Hersteller. In Asien wird diese Entwicklung erstmal nicht erfolgen, dort wird das Auto noch länger als ein Statussymbol gesehen werden.
Insgesamt wird sich der Individualverkehr am stärksten verändern, und zwar dahingehend, dass vermehrt auf grüne Konzepte gesetzt wird. Der Fokus wird klar auf Nachhaltigkeit liegen. Die Dänen fahren nicht Fahrrad, weil sie Sportfanatiker sind, sondern weil es der schnellste Weg ist. Wir brauchen also Alternativen, die schneller, und am besten auch grüner, sind als Autos. Diese Aufgabe müssen Regierungen erledigen: Den Öffentlichen Nahverkehr ausbauen, ihn preiswerter und schneller gestalten, und weg vom Privatverkehr gehen.