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1. Mrz 2023
/ Germany
Corporate Mobility im Jahr 2023: flexible Lösungen statt klassischem Werksverkehr oder Dienstwagen
Lange Zeit galt der Dienstwagen als Non-Plus-Ultra und war häufig auch das einzige Mobilitätsangebot, das Mitarbeitende erwarten konnten. Im Jahr 2023 sind flexiblere Mobilitätslösungen wie digitale Werksverkehre auf Abruf, Jobrad und Mobilitätsbudgets immer mehr auf dem Vormarsch. Steigende Energiepreise, schärfere Umwelt- und Klimaschutzauflagen und ein stärkeres Nachhaltigkeitsbewusstsein der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tragen außerdem dazu bei, dass Unternehmen ihr betriebliches Mobilitätsmanagement überdenken müssen.

Keine leichte Aufgabe für Unternehmen, könnte man meinen und doch haben Unternehmen vom kleinen Mittelständler zum DAX-Konzern Mittel und Wege gefunden, um ihren Beschäftigten die Mobilität zu erleichtern. Dabei stehen ihnen eine Vielzahl von direkt umsetzbaren Maßnahmen wie beispielsweise effizientere Fahrzeuge, On-Demand-Verkehre als Werksverkehr oder Sharing-Angebote zur Verfügung. Ökonomisches und ökologisches Handeln gehen dabei Hand in Hand.

Vom Flottenmanagement zur mobilen Dienstleistung

Wie der Sprung vom reinen Flottenbetreiber zum innovativen Mobilitätsdienstleister aussehen kann, zeigt Telekom Mobility Solutions. Das Tochterunternehmen der Deutschen Telekom sieht in einer nachhaltigen und bedarfsgerechten Mobilität der Mitarbeitenden einen entscheidenden Hebel, um die unternehmenseigenen Klimaschutzziele umzusetzen: Bis 2023 will die Deutsche Telekom ihre Kohlendioxid-Emissionen um 90 Prozent gegenüber 2017 senken. Olga Nevska, CEO von Telekom MobilitySolution fasst es in ihrem Interview mit ioki insights zusammen „Die Verantwortung der Arbeitgeber ist es, allen Mitarbeitenden den Zugang zu flexiblen und bezahlbaren Transportmitteln zu bieten“. Dafür setzt die Telekom u.a. auf unternehmenseigene On-Demand-Verkehre, die die Beschäftigten flexibel von A nach B brinen. Während der Pandemie konnten die Verkehre flexibel auf die geltenden Corona-Maßnahmen angepasst werden und Arbeitnehmende sicher zur Arbeit bringen. Die On-Demand-Verkehre mit der Routing- und Poolingsoftware von ioki gehören mittlerweile zur täglichen Mobilitätsroutine vieler Beschäftigter. Sie sind so erfolgreich, dass mittlerweile auch Pendlerverkehre auf der ersten und letzten Meile so abgedeckt werden.

Dass On-Demand-Verkehre im öffentlichen Nahverkehr und als Teil der Unternehmensmobilität funktionieren, zeigt auch ein Beispiel aus der Schweiz. Die PostAuto AG setzt seit Anfang des Jahres 2023 einen Bedarfsverkehr für die letzte Meile zwischen Bahnhof und mehreren Unternehmensstandorten ein, ebenfalls mit der Software von ioki. Mit Erfolg, weiß Fabian Heil zu berichten: „Der «Engehalde-Shuttle» ist weit mehr als nur ein neues, digitalisiertes Mobilitätsangebot für unsere Mitarbeitenden. On-Demand ist ein wichtiges Element unserer strategischen Stoßrichtung «öV der Zukunft»“. Damit spricht der Leiter Markteinführung einen wichtigen Punkt an, denn der öffentliche Nahverkehr und Unternehmensmobilität stehen vor ähnlichen Herausforderungen: Flexible und bedarfsgerechte Mobilität anzubieten.

Am Anfang jeder Maßnahme auf dem Weg zu einer zeitgemäßen Unternehmensmobilität steht daher die Analyse der Mobilitätsbedürfnisse. Das sieht auch der Think Tank Agora Verkehrswende so: „Der erste Schritt zu mehr Nachhaltigkeit in der betrieblichen Mobilität ist eine datenbasierte Analyse der Ausgangssituation.“, heißt es in der neusten Publikation zu einer nachhaltigen Unternehmensmobilität (hier). Eine Erfahrung, die auch die Mobilitätsexperten von ioki in ihrer täglichen Arbeit machen: „Aus unserer verkehrsplanerischen Sicht haben Unternehmensmobilität und Nahverkehr viele Gemeinsamkeiten: beides bedarf einer Planung nach den individuellen Bedürfnissen der Nutzenden. Wer weiß, wie sich Bürgerinnen und Bürger oder Arbeitnehmende bewegen und was ihre Ansprüche an ihre Mobilität sind, kann das passende Verkehrsangebot bereitstellen“, kommentiert Michael Wurm, Director Mobility Analytics and Consulting bei ioki. Er und sein Team analysieren und planen regelmäßig neue Mobilitätslösungen für den öffentlichen Verkehr oder für unternehmensinterne Angebote wie Car-Sharing oder bedarfsgerechte Werksverkehre.

Mein Job, meine Mobilität, meine Entscheidung

Wie die erfolgreiche Umsetzung mit vorangegangener Analyse aussehen kann, zeigt SAP. Als erster deutscher Großkonzern führte das Unternehmen ein Mobilitätsbudget als Alternative zum Dienstwagen ein. Ab dem 1. April 2023 können rund 20.000 SAP-Angestellte den dienstlichen Pkw gegen Bus, Bahn, Fahrrad oder E-Scooter eintauschen. Ein Vorteil für Unternehmen, Arbeitnehmende und die Umwelt. Bevor es aber so weit war, testete SAP den neuen Ansatz in mehreren Pilotprojekten. Das Ergebnis: 70 Prozent entschieden sich für öffentliche Verkehrsmittel, nur 30 Prozent für Autos, darunter auch Carsharing-Fahrzeuge.

Mit einem Mobilitätsbudget können Arbeitgeber die Nutzung nachhaltiger Verkehrsmittel wie E-Scooter, Bus, Bahn oder andere Sharing-Angebote aktiv fördern. Das ist das Geschäftsmodell der Deutsche Bahn-Tochter DB Connect mit ihrem digitalen Mobilitätsbudget Bonvoyo. Ob als Alternative zum Dienstwagen, als Jobticket oder als „Mobility as a benefit“, Unternehmen, die sich für ein Mobilitätsbudget für ihre Beschäftigten entscheiden, können die Einsatzmöglichkeiten ganz individuell festlegen.

Marcel Langhans, Head of Marketing, Sales and Operations Connected Systems bei DB Connect: „Unternehmen wollen im Arbeitnehmermarkt eine attraktive Position einnehmen und suchen nach zeitgemäßen Benefits, die für Mitarbeitende individuell gestaltbar sind. Gleichzeitig wächst das Nachhaltigkeitsbewusstsein im Unternehmenskontext. Das Mobilitätsbudget Bonvoyo zahlt als Mobilitäts-Benefit auf all diese Punkte ein: Gerade Mitarbeitende, die im Alltag mit verschiedenen Verkehrsmitteln unterwegs sind oder die eher kein eigenes Auto wollen, freuen sich über Fahrtkosten, die vom Arbeitgeber getragen und einfach abgerechnet werden.“ 

Wie entscheidend das Mobilitätsangebot für Unternehmen haben kann, zeigen etliche Beispiele in Deutschland: So baut der Tech-Riese Tesla die Anbindung seiner Giga-Factory im Brandenburgischen Grünheide an das ÖPNV-Netz weiter aus. Bus-Shuttles und ein dichterer Takt des regionalen Schienenverkehrs sollen die Mitarbeitenden umweltfreundlich zum Arbeitsplatz bringen. Nach rbb-Informationen nutzen derzeit bis zu 40 Prozent der rund 7.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Grünheide regelmäßig den ÖPNV, um von und zur Arbeit zu kommen. Ziel sei es, diesen Anteil weiter auszubauen, heißt es aus dem Unternehmensumfeld. Was es hingegen bedeutet, wenn das Nahverkehrsangebot nicht bis zum Werksgelände führt, zeigt ein aktueller Fall aus dem Allgäu. Das IT-Unternehmen Scaltel baut an seinem Standort Waltenhofen neue Parkplätze für die steigende Anzahl der Beschäftigten, weil der Nahverkehr keine attraktive Alternative darstellt. Einen ähnlichen Fall gab es auch Billbrook. Der Hamburger Stadtteil besteht zu einem Großteil aus einem Gewerbegebiet mit mehr als 1.000 ansässigen Betrieben und über 20.000 Beschäftigten. Seit 2019 ergänzen dort flexible Kleinbusse auf Aufruf den dortigen ÖPNV. Besonders für Berufspendler können in Billbrook deshalb mit dem Angebot von hvv hop und ioki die erste und letzte Meile zum bestehenden ÖPNV überbrückt und die vorhandenen Buslinien ergänzt werden.

Die genannten Beispiele zeigen, dass sich die Art und Weise wie wir zur Arbeit kommen genau so verändert, wie die Arbeit selbst. Digitale Lösungen können entscheidend dazu beitragen, Mobilität im Arbeitsumfeld flexibler und nachhaltiger zu gestalten. Ganz im Sinne einer flexiblen Work-Mobility-Balance.

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Nachgefragt bei Milena Akemann

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Milena ist als Technical Product Managerin im Mobility Analytics & Consulting Team tätigt. Zu ioki ist sie über ein Praktikum im Anschluss an ihr Mathematikstudium gekommen. Als Mathematikerin hat sie eine Leidenschaft für alles rund um das Thema Optimierung und es war ihr wichtig, ihre Fähigkeiten zukunftsgestaltend einzusetzen. Über ein Seminar an der Uni zum Thema mathematische Verkehrsplanung hat sie dann die Mobilität für sich entdeckt.

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