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17. Nov. 2020
/ Germany
Autofreie Stadt: sinnvolle Reformierung oder Wunschvorstellung?
Betrachtet man unsere Gesellschaft ohne Vorwissen aus der Vogelperspektive, wirkt es so, als ob sich der Gedanke eines Planeten mit endlosen Ressourcen stark in der den Köpfen der Menschen manifestiert hat. Ein Musterbeispiel für diese Denkweise ist die heutige Nutzung des motorisierten Individualverkehrs. Möchte ich Autofahren setze ich mich in mein Auto, tanke voll, schnalle mich an, drücke auf das Gaspedal und fahre los. Diese Denkweise ist gefährlich und weit gefehlt. Der motorisierte Individualverkehr bedingt, dass Ressourcen verbraucht werden – bei einem Auto, das durchschnittlich 1,5 Tonnen wiegt, sind das rund 70 Tonnen Material nur in der Produktion. Zusätzlich belastet das Auto die Umwelt bei jeder Nutzung und nimmt vor allem in Großstädten zu viel Platz in Anspruch.

Das Auto als ein Grundrecht
Um zunächst zu verstehen, warum sich das Auto als ein „Grundrecht“ in den Köpfen der Menschen manifestiert hat, muss ein Blick auf das Zeitalter der Moderne geworfen werden. Hier schlich sich das Bild des Autos als Prestigeobjekt und Sinnbild für nahezu unbegrenzte individuelle Mobilität in die Köpfe der Menschen ein. Das Sinnbild schlich sich so tief in die Köpfe der Menschen, dass diese ihren natürlichen Lebensraum vollständig auf den motorisierten Individualverkehr ausrichteten. Den Fakt ignorierend, dass Forschern bereits im Jahr 1960 klar war, dass das Konzept der vollumfänglich autogerechten Stadt kein zukunftsträchtiges ist.

Heute zeigt sich, dass durch das Auto Luftschadstoffe wie Feinstaub, Ozon oder Stickstoffoxide die Luftqualität immer weiter verschlechtern. Ergo: es besteht Reformierungsbedarf. Wie wäre es also, wenn man in puncto Verkehr ansetzt, die pulsierende Unruhe, die Einschränkung von Bewegungsfreiräumen, die Gefährdung unserer Gesundheit sowie den Zeitverlust und Stress durch lange Staus bekämpft, indem Städte autofrei werden?

Signifikante Änderungen durch autofreie Städte
Autofreie Städte sind nicht nur für die Umwelt von Vorteil. Städter könnten durch den reduzierten Verkehr gesünder leben, glücklicher sein und im Alltag weniger Stress empfinden. Und auch die zunehmende Urbanisierung von Großstädten zeigt klar auf, dass mehr Nutzfläche für Menschen geschaffen werden muss. Jedoch gestaltet sich die Umstrukturierung einer Stadt nicht einfach. Es müssen grundlegende Änderungen in der städtischen Infrastruktur vorgenommen werden, wenn man den motorisierten Individualverkehr nachhaltig reduzieren möchte. Fahrradstraßen müssen eingerichtet werden, es muss mehr Platz für Fußgänger geben, Flächen müssen wieder grüner werden und allem voran muss bei der Umstrukturierung der ÖPNV eine stärkere Gewichtung bekommen. In der Verkehrsplanung wird hier von einer Push- und Pull-Strategie geredet. Einschränkungen durchsetzen und auf der anderen Hand Anreize schaffen wie z. B. einen günstigeren, ausgeweiteten Personennahverkehr.

Eines steht sicher fest, am Status quo kann nicht festgehalten werden. Städte stoßen an ihre infrastrukturellen Belastungsgrenzen. Regierungen, Länder und Städte müssen dafür sorgen, dass der ÖPNV verbessert wird und ein Umdenken in den Köpfen der Menschen stattfindet so wie in Madrid, Oslo, Wien oder Amsterdam bereits geschehen. All diese Maßnahmen fruchten jedoch nicht, wenn wir nicht alle an einem Strang ziehen. Das Projekt der Verkehrswende beginnt bei jedem einzeln von uns. Wir müssen an unserer Einstellung arbeiten, um unseren Planeten Tag für Tag wieder ein Stück weit grüner zu gestalten.

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