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13. Mrz 2020
/ Germany
IMN Business Club: Mobilität im ländlichen Raum
Unter der Fragestellung „Lösungen städtischer Mobilität als Blaupause für den ländlichen Raum?“ haben wir uns gestern Abend in entspannter Wohnzimmeratmosphäre und gemeinsam mit unseren Gästen des dritten ioki Mobility Network Business Clubs genauer dem Thema ländlicher Mobilität gewidmet.
Die Gegensätzlichkeit von Setting und Fokus haben wir dabei ganz bewusst gewählt. Denn wir waren uns bereits im Vorfeld sicher, dass ein Event zur Mobilität im ländlichen Raum auch mitten in der Großstadt Frankfurt Sinn machen kann. Warum? Weil gerade die Symbiose der Pole Stadt/Land und bewährte Systeme/neue Technologien spannende Potentiale für bedarfsgerechte und effiziente Lösungsansätze bieten kann.

Und so haben wir uns gemeinsam mit Branchenexperten wie Prof. Mathias Wilde von der Hochschule Coburg angeschaut, was es denn nun für ein neues Verständnis ländlicher Mobilität alles braucht – und dabei nicht zuletzt auch einen kleinen Exkurs in die Philosophie gewagt.

Eine wichtige Erkenntnis des Abends – so viel sei schon einmal vorweggegriffen – ist die (Wieder-)-Entdeckung des Menschen im Kontext des Mobilitätskosmos. Denn ja, viele der bestehenden, aber auch neuen Mobilitätslösungen bestechen vor allem durch eins: sachliche Objektivität. Sie sind effizient im ökonomischen und ökologischen Sinne, sie sind modern und innovativ, doch sind sie mit Blick auf eine echte Bedarfsgerechtheit auch wirklich das, was die Bevölkerung vor Ort benötigt? Sind sie konzipiert für das, was den Kern von Mobilität im ländlichen Raum, nämlich die Befähigung zur sozialen Teilhabe, ausmacht?

Prof. Wilde schlägt in Anlehnung an Aristoteles zur Klärung dieses Knackpunkts eine mögliche Herangehensweise vor, wie sich aus dem Wissen um die Problematik ländlicher Mobilität ein konkretes Handeln zur Verbesserung der Situation ableiten lässt.

Dazu gehört zum Beispiel die Aktivierung einer kritischen Masse, der Abbau von möglichen Widerständen, die Berücksichtigung der dieser Masse inhärenten Diversität und schließlich und vor allem die Überzeugung zu einer Handlungsalternative. In unserem ganz konkreten Fall und mit Blick auf die Fragestellung des Abends könnte das zum Beispiel die Begeisterung und Überzeugung der ländlichen Bevölkerung für Alternativen zum privaten Pkw sein.

Und – das wissen wir alle – was überzeugt besser als echte Erfolge und Best Practice Beispiele? Genau deswegen haben wir uns im Anschluss und nach einem kurzen Impulsvortrag zum Thema „Digitale Anruf-Sammel-Taxi-Betriebe“ in einer Diskussionsrunde dem Thema „Mobilität im ländlichen Raum“ noch einmal ganz praktisch gewidmet.

Gemeinsam mit Marcel Höhn, Geschäftsführer von TA-Consult, einer Tochtergesellschaft der Limburger TA-Firmengruppe und Mark Braun, Senior Associate im Bereich Infrastructure Advisory & Mobility bei PwC haben wir uns gefragt: Wie sieht es denn auf dem Land wirklich aus? Welche Herausforderungen in puncto Mobilität gibt es? Wie können wir auf bestehenden Angeboten aufsetzen und diese effizient und bedarfsgerecht optimieren und digitalisieren? Was sind Beispiele für eine gut gelöste Mobilität im ländlichen Raum? Und schließlich: Wer ist denn nun an der Umsetzung all dieser Lösungen beteiligt und wen gilt es, an einen Tisch zu bringen?

Mark Braun ist sich sicher: „Das öffentliche Verkehrsangebot sollte so attraktiv ausgestaltet werden, dass es zu einer echten Alternative zum Auto wachsen kann.“ Dieser Anspruch gelte auch oder vor allem für den ländlichen Raum, wo Mobilität soziale Teilhabe bedeutet.

Auch Marcel Höhn, der sich selbst als Teil der ländlichen Bevölkerung versteht und das Thema AST/ALT als Taxi-Unternehmer bestens kennt, setzt auf den Faktor Nachhaltigkeit. Sein Ziel ist es nicht, neue Fahrzeuge auf die Straße zu bringen, sondern vielmehr die bestehenden Ressourcen so gezielt und sinnvoll wie möglich zu nutzen – als kleine Gefäße, die den Kunden bedarfsgerecht und flexibel zu dem nächstgrößeren Verkehrsmittel bringen.

Im Großen und Ganzen haben wir bei unserem gestrigen Business Club also zwei wichtige Eigenschaften einer zukunftsfähigen Mobilität herausgearbeitet, die im Übrigen nicht nur für den ländlichen Raum gelten, dort aber natürlich ganz besonders:

  1. Mobilität ist in erster Linie für den Menschen da und muss als solche auch immer wieder unter Reflexion der tatsächlichen Bedarfe vor Ort entwickelt und verbessert werden. Dies kann gelingen, wenn die Bevölkerung der ländlichen Regionen aktiv in die Ausgestaltung der für sie gedachten Mobilitätskonzepte mit einbezogen wird.
  2. Gerade im ländlichen Raum, wo Zweit- und Drittwagen mangels Alternativen noch immer keine Ausnahme sind, muss die Verkehrswende ankommen. Dazu braucht es realistische Lösungen, die sich den besonderen Herausforderungen ländlicher Gebiete stellen und den ÖPNV (wieder?) zum Herzstück der Mobilität machen.

Wir bedanken uns herzlich bei allen Speakern und Teilnehmern des gestrigen ioki Mobility Network Business Clubs für ihre Gedanken und Ideen, die sie mit uns geteilt haben und die Impulse, die sie gesetzt haben.

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