/ Reading: 4 min.

3. Dez 2018
/ Deutschland
NACHGEFRAGT bei Alain Veuve
Seit 1997 hat sich Alain Veuve an einer Reihe von IT- und Internet-Unternehmen sowie Startups finanziell und operativ beteiligt. Im Rahmen dieser Tätigkeiten hat er unterschiedliche internationale Unternehmen bei der digitalen Transformation sowie bei ihren E-Business-Unterfangen begleitet und strategisch beraten.

Heute ist Alain ein viel zitierter Thought Leader für die digitale Transformation in Europa, der regelmäßig als Referent an Konferenzen teilnimmt. Sein Blog ist eine beliebte Quelle für Erkenntnisse für Entscheidungsträger im digitalen Bereich.
Digital gleich nachhaltig? In unserem Interview sprechen wir mit Alain Veuve über Digitalisierung, die Zukunft der Mobilität und was wir noch besser machen müssen.

Herr Veuve, die Zukunft der Mobilität führt über Digitalisierung. Wie hängen für Sie die Begriffe “Digitale Transformation” und “Mobilitätswende” zusammen, wie grenzen Sie sich ab?

Die Antwort ist insofern schwierig als dass beide Begriffe zwar enorm populär sind, aber keine allgemein gültige Definition haben. Klar ist, dass softwarebasierte Modelle den bisherigen Modellen überlegen sind und dass wir durch den Einsatz von digitaler Technologie in der Lage sind, Mobilität neu zu gestalten. Ich denke die Digitalisierung hat die Mobilität schon stark geprägt bevor „Digitale Transformation“ ein solches Hype-Thema war. Autonomes Fahren ist in erster Linie ein Softwareproblem und ich denke dessen Lösung wird radikale Auswirkungen auf den „Modal Split“ haben. Ich denke, es wird den ganzen Transport- und Verkehrsbereich auf den Kopf stellen. Ob das dann noch als Teil der „Digitalen Transformation“ wahrgenommen wird? Ich glaube es kaum.

Ist digitale Mobilität auch gleichzeitig nachhaltige Mobilität?

Nein. Ich glaube Nachhaltigkeit und Umweltschutz ist zwar in aller Munde, spielt aber bei der Entwicklung von Technologie als Treiber keine wesentliche Rolle. Entscheidend sind die Kosten, welche entstehen, um eine Basistechnologie in Produkte zu verändern welche den Menschen etwas bringen. Logischerweise setzt der erwartete Nutzen eines Produkts die Perspektive für die aufgewendeten Kosten. Nachhaltigkeit kann nur erreicht werden, wenn die Umweltkosten internalisiert werden.

Die Welt ändert sich – viele Unternehmen wollen an der Veränderung teilhaben und die Zukunft aktiv mitgestalten. Dies trifft insbesondere auf die Mobilitätsbranche zu. Würden Sie sagen, dass deutsche Unternehmen die Zeichen der Zeit erkannt haben?

Wir sind ja sehr gut darin, uns selbst den Tag schlecht zu machen. Indem wir uns gebetsmühlenartig vorbeten, was Europa alles verbockt und man versteigt sich in diese nationalen Vergleiche, die aber ziemlich irrelevant sind. Hört man auf das allgemeine, öffentliche Ressentiment könnte man meinen, wir seien die größten Verlierer. Ich denke das entspricht nicht der Wirklichkeit. Im Gegenteil hat es die deutsche Wirtschaft erfolgreich geschafft, eine starke Digitalwirtschaft – welche ja mittlerweile eine Leit-Branche ist – zu etablieren. Dieses „German Engineering Mindset“ und das damit verbundene Qualitätsbewusstsein ist in voller Stärke vorhanden – auch wenn BER noch nicht fertig ist und die Autoindustrie Ihre Kunden betrogen hat.

Haben es kleinere Unternehmen, wie Start-Ups, leichter auf den Wandel zu reagieren als große?

Ja absolut. Man wirft großen Unternehmen immer vor, dass sie sich nicht bewegen können. Ich glaube der Vorwurf kommt daher, dass viele große Unternehmen mit einer gewissen Hybris auf Newcomer reagierten und dann eines Besseren belehrt wurden. Dabei vergisst man, wie enorm schwierig es ist bei einem laufenden internationalen Geschäft ist, neue Geschäftsmodelle und Produkte zu entwickeln – die ja meist das eigene angestammte Geschäft noch konkurrieren. Wenn man nichts hat – wie ein Start-Up – kann man sich radikal auf das konzentrieren was man gewinnen kann. Wenn man bereits viel erreicht hat, konzentriert man sich intuitiv darauf, das Erreichte zu verwalten und ja nicht zu verlieren.

Wo sehen Sie im Mobilitätsverhalten von Reisenden noch Probleme? Was können Städte und Unternehmen in Bezug auf Digitalisierung und Mobilität besser machen?

Ich glaube Mobilität ist etwas was der Mensch im Blut hat. Je einfacher und günstiger es sein wird, desto mehr wird gereist. Das ist wohl ökologisch im Moment eher problematisch –aber ein Trend, der nicht aufzuhalten ist. Wir dürfen auch nicht unterschätzen was für enorme gesellschaftliche Vorteile das Reisen hat. Es sorgt für Perspektivenwechsel. Wir sollten also auf keinen Fall Mobilität und Reisen einschränken.

Vielen Dank für Ihre Zeit und Ihre Antworten.

Neuester Artikel

Nachgefragt bei Milena Akemann

Nachgefragt bei Milena Akemann

Milena ist als Technical Product Managerin im Mobility Analytics & Consulting Team tätigt. Zu ioki ist sie über ein Praktikum im Anschluss an ihr Mathematikstudium gekommen. Als Mathematikerin hat sie eine Leidenschaft für alles rund um das Thema Optimierung und es war ihr wichtig, ihre Fähigkeiten zukunftsgestaltend einzusetzen. Über ein Seminar an der Uni zum Thema mathematische Verkehrsplanung hat sie dann die Mobilität für sich entdeckt.

Verwandte Artikel

Nachgefragt bei Stefan Winter

Nachgefragt bei Stefan Winter

Stefan sprang vor rund zwei Jahren auf den Zug auf und ist seitdem Senior Product Manager bei ioki. Als gelernter Maschinenbauingenieur hat er zudem Erfahrungen in der Unternehmensberatung sowie als Product Owner und Product Manager in der Industrie gesammelt. Bei ioki kam er zum ersten Mal mit der Mobilitätsbranche in Kontakt und beschäftigt sich aktuell mit den wichtigsten W-Fragen um unser neues Produkt ioki Route. Im Interview spricht er über seinen Alltag, was ioki Route ausmacht und was uns bei ioki antreibt. Viel Spaß beim Lesen! 

Nachgefragt bei Mackenzie Banker

Nachgefragt bei Mackenzie Banker

Intelligente Mobilitätslösungen nutzen Technologie und Innovation, um die Mobilität für alle zu verbessern. In ähnlicher Weise nutzen Smart Cities innovative Konzepte und technologische Fortschritte, um das Leben in urbanen Räumen zu verbessern. Beide ermöglichen es uns, die Vision von effizienteren Räumen in Städten, die auf die Bedürfnisse der Menschen ausgerichtet, zu verwirklichen.