/ Reading: 3 min.

13. Dez 2018
/ Deutschland
NACHGEFRAGT bei Dr. Tom Vöge
Dr. Tom Vöge ist seit 2015 als Policy Analyst beim Weltverkehrsforum (ITF) der OECD tätig und koordiniert die Arbeit an Intelligent Transport Systems (ITS).

Vor seinem Eintritt in die ITF arbeitete er als Experte für Straßen- und Verkehrssicherheit für die Vereinten Nationen, nachdem er in der Unternehmensberatung und in der Wissenschaft tätig war. Vöge hat einen MSc und einen PhD in Verkehrsplanung und -technik, beide von der University of Southampton. Er ist Mitglied in zahlreichen Expertennetzwerken und Beiräten.

Wie seine persönliche Definition von MaaS lautet und was für eine gesunde Umsetzung des Ansatzes in Deutschland erforderlich ist, erklärt uns Dr. Tom Vöge im Interview.

Wie lautet Ihre persönliche Definition von MaaS?

Ich würde MaaS allgemein definieren als eine Online-Plattform, die es Benutzern erlaubt verschiedene Modi und multi-modale Kombinationen zu vergleichen, basierend auf verschiedenen Eigenschaften (z.B. Preis, Dauer, Umweltverträglichkeit, etc.) die beste Variante auszuwählen, diese zu buchen, zu bezahlen, und Fahrkarten und Buchungen zentral zu verwalten.

Gibt es in der Öffentlichkeit Diskrepanzen in der Definition?

Nicht nur in der öffentlichen Wahrnehmung, sonder selbst unter Experten im Bereich der Verkehrsplanung und -politik gibt es noch keine einheitliche Definition des MaaS Ansatzes. Definition hier scheinen zu variieren von autonomen Fahrzeugen zu generischen ÖPNV Reiseplanern, zu Mobilitäts-Komplettpaketen (ähnlich wie für Mobiltelefonie) die für eine monatliche Gebühr verschiedene Modi-Kontingente beinhaltet.

Welche Ziele werden mit MaaS verfolgt?

Aus politischer Sicht sind Ziele für die Anwendung von MaaS generell das Mobilitätsangebot zu verbessern und mit so erhöhtem Komfort von multimodalen ÖPNV einen Anreiz zu geben für einen Modal Shift weg von dem mobilisierten Individualverkehr. Es bestehen aber natürlich auch kommerzielle Ziele, sowohl von MaaS Plattform Betreibern als auch von den Anbietern, die durch die Plattform gebucht werden können. Hier geht es dann eher um einen erhöhten Umsatz.

Welche Vorteile sehen Sie für Kunden? Birgt MaaS auch Gefahren?

Vorteile aus Sicht der Kunden sind vorrangig besser informiert zu sein und erhöhter Komfort für Buchungen. Aber es gibt durchaus auch Gefahren, wenn MaaS ohne die erforderliche politische oder regulative Aufsicht eingeführt wird. Diese Gefahren beinhalten einen möglichen unbeabsichtigten Modal Shift weg von ÖPNV, Gehen, oder Radfahren zu Taxi-ähnlichen Ride-Hailing Diensten, was das Straßenverkehrsaufkommen, Staus, und die Umweltbilanz verschlechtern würden.

Was fordern Sie für eine gesunde Umsetzung von MaaS in Deutschland?

Für eine Umsetzung von MaaS generell (nicht nur in Deutschland) ist es wichtig, dass dies auf lokaler Ebene und in Partnerschaften zwischen dem MaaS Mobilitäts-Plattform Betreiber, der Stadt, den anderen ÖPNV Betreibern, und den Kunden geschieht. Weiterhin müssen die Daten, die von diesen Plattformen gesammelt werden den Regulatoren zugänglich gemacht werde, so dass Veränderungen im Mobilitätsverhalten und Modal Shift Effekte analysiert werden können. Dieser Datenzugang sollte vorgeschrieben sein als Teil der Lizenzvergabe für die MaaS-Plattform; im extremen Fall muss es zum Entzug dieser Lizenz kommen können, wenn die beschlossenen verkehrspolitischen Ziele nicht eingehalten werden, basieren auf der Datenanalyse.

Vielen Dank für Ihre Zeit und Ihre Antworten.

Neuester Artikel

Zum ersten Mal auf der Bühne: ioki insights live – Gemeinsam Mobilität bewegen

Zum ersten Mal auf der Bühne: ioki insights live – Gemeinsam Mobilität bewegen

Am 11. April 2024 haben wir unsere Türen für mehr als 50 Kundinnen und Kunden geöffnet.
ioki insights – unter anderem eine regelmäßige Webinar- und Informationsreihe für Bestandskunden – zum ersten Mal live und in Farbe. Dafür sind
Mobilitätsexpertinnen und -experten aus ganz Deutschland angereist, um Einblicke in die ioki Produktwelt sowie Insights zu On-Demand-Verkehren und zur neuen Mobilität zu erhalten. Nicht zu kurz kamen dabei natürlich der Austausch und das Netzwerken untereinander.

Verwandte Artikel

Nachgefragt bei Henrik Umnus

Nachgefragt bei Henrik Umnus

Die kürzlich verkündete Partnerschaft zwischen ioki und Vesputi verspricht Innovationen im Bereich der Mobilitätsdienstleistungen. Fahrgäste können dadurch ihre Fahrkarten nun direkt in den On-Demand-Apps von ioki kaufen. Aber wie sieht das in der Realität eigentlich aus? Wir haben mit Henrik Umnus gesprochen, Geschäftsführer der Verkehrsbetrieb Greifswald GmbH. Vor einem Jahr ging der On-Demand-Service „Friedrich“ in Greifswald auf die Straßen und befördert seither die Fahrgäste ohne festen Fahrplan. Nun haben diese die Möglichkeit, ihre Fahrkarten für den ÖPNV direkt in der On-Demand-App zu buchen. Viel Spaß beim Lesen!

Nachgefragt bei Milena Akemann

Nachgefragt bei Milena Akemann

Milena ist als Technical Product Managerin im Mobility Analytics & Consulting Team tätigt. Zu ioki ist sie über ein Praktikum im Anschluss an ihr Mathematikstudium gekommen. Als Mathematikerin hat sie eine Leidenschaft für alles rund um das Thema Optimierung und es war ihr wichtig, ihre Fähigkeiten zukunftsgestaltend einzusetzen. Über ein Seminar an der Uni zum Thema mathematische Verkehrsplanung hat sie dann die Mobilität für sich entdeckt.