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Warum hat man sich in Limburg für einen digitalen On-Demand-Verkehr entschieden?
Michael Stanke
Wie können wir unseren Einwohnerinnen und Einwohnern eine vielfältige, zukunftsorientierte und nachhaltige Mobilität bieten? Diese Frage beschäftigt uns in Limburg schon lange. Wir haben daher im Jahr 2018 einen Masterplan Mobilität auf den Weg gebracht – der ÖPNV ist eine der Schlüsselmaßnahmen dieses Masterplans. Innerhalb des ÖPNV ist unser LahnStar als flexibles Shuttle auf Abruf ein zentraler Baustein. Wir wollten insbesondere im ländlichen Raum unserer Stadt eine Lösung für die erste und letzte Meile finden. So kam der Gedanke eines in den ÖPNV integrierten „On-Demand-Systems“ als neue, moderne und digitale Mobilitätsform, ergänzend zum bestehenden ÖPNV-Angebot. Die äußeren Stadtteile wünschen sich schon jahrelang eine bessere Anbindung an den ÖPNV, diesen Wunsch können wir nun endlich erfüllen.
Das OnDeMo-Projekt des RMV und die Förderung durch Land und Bund unterstützen uns bei diesem Vorhaben. Die flexiblen Shuttles mit Elektroantrieb sorgen für weniger Fahrten mit dem eigenen Auto, das reduziert den Verkehr und sorgt für bessere Luft. Die Stadt- und die Lebensqualität in Limburg werden gestärkt und wir konnten gleichzeitig das bestehende und erfolgreiche AST-System flexibler sowie digitaler machen.
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Wie wird der On-Demand-Verkehr in der Stadt eingesetzt und wie sind der LahnStar und andere Verkehrsmittel in Limburg und Umgebung miteinander vernetzt?
Hicham Azzou
Wir verfügen in Limburg an der Lahn über einen guten Anschluss an den Regional- und Fernverkehr. Regionalbahnen (RB) und Regionalexpresszüge (RE) verbinden unsere Stadt mit den wichtigsten umliegenden Gemeinden und Städten, wie Frankfurt am Main, Koblenz, Wetzlar oder Gießen. Zudem haben wir das Glück, dass wir über einen exklusiven ICE-Bahnhof an den Fernverkehr angebunden sind.
Innerhalb der Stadt fahren sechs Stadtbuslinien, die ganz überwiegend die Gebiete der Kernstadt bedienen. Eine der Linien stellt speziell die Verbindung zum außerhalb gelegenen ICE-Bahnhof dar. Alle Busverbindungen im städtischen ÖPNV führen über die drei Zentralen Omnibusbahnhöfe (ZOB). Dies hat zur Folge, dass die äußeren Stadtteile nicht direkt miteinander verbunden sind. Hinzukommt, dass die Fahrplantaktung für die Anbindung an den ICE-Bahnhof eher unpraktisch für unsere Fahrgäste ist.
Das On-Demand-System wird als Zubringerverkehr zum Schienenverkehr und als Verbindung zwischen den ländlicheren Stadtteilen eingesetzt, die bisher nicht ausreichend an das ÖPNV-Netz angebunden waren. Aktuell bestehen nur sehr wenige Direktverbindungen zwischen den Stadtteilen. Der Weg zwischen den Stadtteilen im ÖPNV führt in fast allen Fällen über die Kernstadt, mit einem notwendigen Umstieg an einer der ZOB. Das On-Demand-Angebot ist eine Ergänzung des bestehenden ÖPNV, in dem bspw. weitere Haltestellen in den Wohngebieten eingerichtet wurden, die durch den LahnStar bedient werden und somit zu einer sehr hohe Feinerschließung der Quartiere beitragen. Hierdurch wurde der Service deutlich verbessert, insbesondere für Personen, die abseits bestehender Linienwege wohnen oder dort Ziele haben.
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Was ist das Besondere am LahnStar?
Michael Stanke
Wir haben in Limburg die Besonderheit, dass wir mit starken regionalen Partnern zusammenarbeiten können. Der Strom und die Ladeinfrastruktur kommen von unserem regionalen Energieversorger. In der Ausschreibung für den Betrieb der Fahrzeuge hat sich ein lokalansässiges Taxiunternehmen durchgesetzt, das zuvor schon das AST betrieben hat. Das ist für uns ein Glücksfall, weil wir das lokale Taxigewerbe stärker in den ÖPNV integrieren können. Davon profitieren alle Seiten. Neu ist die digitale Technologie von ioki hinter dem System, die die intelligente Streckenführung und das Pooling der Fahrgastanfragen ermöglicht. Und auch der Einsatz von elektrisch betriebenen Fahrzeugen ist neu.
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Wie wird der Service angenommen? Wo liegen Herausforderungen in der Digitalisierung und wie gehen Sie in Limburg damit um?
Hicham Azzou
Unsere Erwartungen an den On-Demand-Service wurden bereits nach kurzer Zeit übertroffen. In den ersten zwölf Monaten haben über 31.000 Fahrgäste den Service genutzt und wir denken darüber nach, den Service auszuweiten. Grundsätzlich erhalten wir nur positive Rückmeldungen von den Fahrgästen. Die Rückmeldungen der LahnStar-Fahrgäste sind uns sehr wichtig, da wir so auf Verbesserungsvorschläge reagieren und das Angebot stetig optimieren können. Die Herausforderung ist jetzt, die Poolingrate weiter zu steigern und die Ablehnungsrate zu senken.
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Wie zieht die Zukunft der Nahmobilität in Limburg und in der Region aus? Welche digitalen Angebote sind noch geplant?
Michael Stanke
Wir haben uns in Limburg mit dem Masterplan Mobilität und dem Green City Plan wichtige Ziele gesetzt, um die Luftqualität in der Stadt durch neue und attraktivere Nahmobilität bis 2030 zu verbessern. Nahmobilität und Digitalisierung sollten aus unserer Perspektive immer Hand in Hand gehen. In einem nächsten Schritt werden im gesamten Stadtgebiet dynamische Fahrgastinformationsanzeigen mit Echtzeitdaten aufgestellt. Dabei soll perspektivisch auch eine Schnittstelle zur On-Demand-Mobilität hergestellt werden. Auch die Schnittstelle zu der RMVgo-App zwischen den anderen Verkehrsmitteln wird angestrebt z.B. Taxi, Sharing-Angeboten und der On-Demand-Mobilität.
Neue Mobilitätsangebote und Digitalisierung sind die Voraussetzung für die Multimodalität im Umweltverbund. Der LahnStar zeigt, wie es gehen kann. Es freut uns besonders, dass auch benachbarte Kommunen Interesse an einem On-Demand-Verkehre gezeigt haben. Sollten noch andere Kommunen mitmachen, erhöht dies den Anteil des emissionsfreien Verkehrs. Davon haben alle etwas.