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22. Mai 2019
/ Deutschland
Studie: Wie sieht Mobilität in deutschen Großstädten aus?
Mobilität bedeutet Freiheit, Flexibilität und Unabhängigkeit und das am besten auch unabhängig von Verfügbarkeit, Taktung oder anderen Einschränkungen.

Jeder möchte von A nach B kommen, wann und wie er möchte, wobei das “Wie” in den letzten Jahren viele neue Möglichkeiten eröffnet hat. Das Hamburger Tech-Startup für agile Marktforschung quantilope veröffentlichte die Studie: Mobil unterwegs in Deutschlands Großstädten. Die 6 Top-Insights: Was wichtig ist und wie Mobilitätskonzepte überzeugen, um folgenden Fragen zum heutigen Verständnis für innerstädtische Mobilität auf den Grund zu gehen:

  • Was verbinden die Menschen in Deutschland mit Mobilität?
  • Was ist ihnen besonders wichtig, um mobil in der Stadt unterwegs zu sein?
  • Was sind Barrieren und Erfolgsfaktoren?
  • Wie zufrieden sind Nutzer mit den verschiedenen Mobilitätsangeboten und ihren Eigenschaften?
  • Wie positionieren sich neue Mobilitätsangebote am besten und wie können sie im Markt überzeugen

Über die Studie

quantilope führte im Februar 2019 eine Online-Befragung mit 1.117 Männern und Frauen zwischen 18 und 64 Jahren mit einem Hauptwohnsitz in einer der zehn größten deutschen Städte (Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Stuttgart, Düsseldorf, Dortmund, Essen, Leipzig) durch.

Worum geht’s?

Die Großstädte Deutschlands sind immer in Bewegung: Die Menschen fahren zur Arbeit, zum Arzt, zum Einkaufen, zu Freunden oder zum Sport. Egal wohin, bei der Wahl des Verkehrsmittels spielen bestimmte Faktoren eine wichtige Rolle: Preis, Komfort, Zuverlässigkeit, Schnelligkeit und Umweltverträglichkeit. Der ÖPNV, der private PKW oder das Fahrrad sind schon längst nicht mehr die einzigen Fortbewegungsmöglichkeiten, – auch On-Demand-Konzepte, Car-, Bike- oder Scootersharing-Angebote liegen ganz klar im Trend. Durch flexible und unabhängige Mobilität könne man sich freier zwischen A und B bewegen und im Idealfall auch die Umwelt schonen. Die Frage, die sich hier immer wieder stellt: Bilden diese neuen Fortbewegungsmöglichkeiten neue Chancen oder sind sie lediglich Konkurrenten?

Untersuchungsgegenstände:

Die Studie untersucht demnach verschiedene Kriterien, nach denen die deutsche Bevölkerung sich sein mobiles Gefährt aussucht. quantilope fasst diese mit sechs Fragen zusammen:

  • Was ist den Menschen besonders wichtig, um mobil in der Stadt zu sein?
  • Welche Verkehrsmittel und Mobilitätskonzepte sind bekannt?
  • Wie häufig werden die verschiedenen Verkehrsmittel genutzt und zu welchen Zwecken?
  • Welche Kriterien halten von der Nutzung bestimmter Verkehrsmittel ab, was sind typische Barrieren?
  • Welche unbewussten, impliziten Assoziationen (Emotionen, Motive etc.) wirken in den Köpfen der Nutzer?
  • Wie zufrieden sind die Menschen in Deutschland mit den verschiedenen Mobilitätsangeboten und ihren Eigenschaften?

Bus und Bahn sind immer noch bekanntester Spitzenreiter

Fragt man nach der Bekanntheit der Verkehrsmittel, so ist der ÖPNV mit seiner stark verankerten Präsenz im Stadtbild mit 95,4 % Tabellenerster. Es folgen der Reihe nach absteigend: Taxi- & Chauffeurdienste (83,6%), Carsharing (80,8%), Bikesharing (69,3%), Ridesharing/Ridepooling (24,2%) und Scootersharing (23,7%).

Doch das eigene Auto bleibt “Mobilitätsliebling”

Je nach Anlass muss auch ein anderes Verkehrsmittel her: Mit 67,6% favorisieren mehr als die Hälfte der Befragten das eigene Auto und dadurch wird es zu einem großen Konkurrenten für neue Mobilitätsformen. Hier spielt auch das Haushaltsnettoeinkommen eine Rolle: Je höher das Einkommen, desto häufiger die Nutzung des eigenen Autos. Genutzt wird es vor allem für Einkäufe und Transporte, die sich mit dem ÖPNV eher hinderlich gestalten. Es bleibt demnach ein komfortables, aber teures Verkehrsmittel.

Betrachtet man das Ranking der Häufigkeit der Nutzung von Verkehrsmitteln weiter, so belegt der günstigere und umweltfreundlichere ÖPNV den zweiten Platz. Hiermit werden vor allem Arbeitswege und berufliche Termine bewältigt.

Wenig genutzt werden jedoch Taxi- und Chauffeurdienste. Auffällig ist, dass diese das eigene Auto ablösen, wenn es um Parkgebühren, beispielsweise am Flughafen, oder abendliches Ausgehen in Verbindung mit alkoholischem Konsum geht.

Statussymbol Auto vs. neue Mobilitätskonzepte

Das eigene Auto ist seit Jahrzehnten ein Statussymbol und steht für Stolz, Prestige und Komfort. Auf der anderen Seite werben neue Mobilitätskonzepte damit, umweltschonend und modern zu sein und vor allem junge Menschen mit dem Aspekt des Fortschritts und der Innovation zu überzeugen.

Gibt es eigentlich Gemeinsamkeiten? – Ja, das emotionale Motiv der Freiheit!

Doch darin befinden sich, laut der Umfrage, wieder die feinen Unterschiede: Denn, mit Ausnahme von Scootersharing, empfinden die meisten bei der Nutzung alternativer Mobilitätskonzepte nicht das gleiche Freiheitsgefühl wie beim eigenen PKW.

Zwar erfreut sich Carsharing immer größerer Bekanntheit und ist etablierter als Ridesharing- und Ridepooling, jedoch bleibt die preisliche Komponente die größte Hürde bei der Nutzung. Ridesharing- und Ridepooling-Lösungen sind zudem noch nicht ausreichend im Stadtbild etabliert bzw. noch nicht flächendeckend ausgebaut.

Was könnte hier die Lösung sein? – Laut quantilope wären eine flächendeckende Verbreitung sowie bestimmte Angebotsoptionen und Testmöglichkeiten ein guter Anfang.

Wie sieht es mit der Zufriedenheit aus?

Geht es um die Zufriedenheit mit verschiedenen Verkehrsmitteln so schneiden das Auto und das Fahrrad mit 4,5 von 6 Punkten am besten ab. Im Mittelfeld, zwischen 4,2 und 4 Punkten, befinden sich in absteigender Reihenfolge: Carsharing, Taxi- und Chauffeurdienste und Bikesharing. Das Schlusslicht bildet hier der ÖPNV mit 3,9 Punkten.

Die wichtigsten Kriterien, die das Auto hier als Spitzenreiter erfüllt, sind vor allem: Komfort, Privatsphäre, Sicherheit und Unkompliziertheit, ebenso wie Spontaneität, Zuverlässigkeit und Sauberkeit. Hier werden die Problemfelder aufgezeigt, mit denen sich der ÖPNV konfrontiert sieht. Womit dieser allerdings punkten kann, sind vor allem die Komponenten der Umweltfreundlichkeit und Sicherheit.

Schlussbemerkung und Lösungsansätze:

Alles in allem wandelt sich das Mobilitätsverständnis Schritt für Schritt. Das Auto ist durch das jahrelang geprägte gesellschaftliche Verständnis nach wie vor, ein Statussymbol und kann vor allem mit den Vorteilen der Bequemlichkeit und guter Transportmöglichkeit aufwarten.

Gleichzeitig sind neue Mobilitätsdienste noch relativ “jung”, vor allem in Bezug auf On-Demand. Daher sind diese noch nicht in den Stadtbildern vollends angekommen und dadurch in ihren Angebotsmöglichkeiten ein wenig eingeschränkt, können allerdings mit den Aspekten der Umweltschonung und Innovation hervorstechen.

Veränderungen fangen demnach beim Freiheitsverständnis von Mobilität an und dort muss auch angesetzt werden, um ein umweltschonendes Verständnis zu generieren, den privaten PKW auch mal zu Hause stehen zu lassen und Alternativen zu nutzen. Für alternative Mobilitätsdienste sollte zudem der Aspekt der Lückenschließung der ersten und letzten Meile im Vordergrund stehen, damit sich bereits gut ausgebaute Systeme ergänzen und nicht kannibalisieren.

Was am Ende bleibt: Die Mobilität befindet sich im Wandel, aber sie sollte nach wie vor eins bleiben – Freiheit!

Bilder (alle Rechte vorbehalten): Pexels

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Nachgefragt bei Milena Akemann

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Milena ist als Technical Product Managerin im Mobility Analytics & Consulting Team tätigt. Zu ioki ist sie über ein Praktikum im Anschluss an ihr Mathematikstudium gekommen. Als Mathematikerin hat sie eine Leidenschaft für alles rund um das Thema Optimierung und es war ihr wichtig, ihre Fähigkeiten zukunftsgestaltend einzusetzen. Über ein Seminar an der Uni zum Thema mathematische Verkehrsplanung hat sie dann die Mobilität für sich entdeckt.

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